Wahrheit und Lüge, schön und hässlich, gut und böse, richtig und falsch – über Jahrtausende hinweg konnte der Mensch das eine nur verstehen, wenn er ein Gegenteil, einen Gegenpol dazu definierte. In und mit dieser Polarität hat sich unser logisches Denken entwickelt. Und so glauben wir zutiefst, dass diese Theorie der Gegensatzpaare der geistige Boden ist, auf dem unser Leben aufgebaut ist. Als Naturgesetz.Da wir von der Trennung unseres Bewusstseins kaum etwas wissen, verstehen wir diese Polarität als vorgegeben. Wir glauben, die Welt – oder das Leben des Menschen in der Welt – sei eben so.In gewisser Weise ist das richtig: Die Polarität ist vorgegeben – und zwar von uns selbst. Wahrheit ergibt nur Sinn, wenn wir von der Lüge wissen. Schönheit erkennen wir nur vor dem Hintergrund des Hässlichen. Und das Gute kann überhaupt nur dann gut sein, wenn es im Gegensatz zum Bösen steht.Aber diese Gegensatzpaare sind tatsächlich nur eine Erfindung des menschlichen Geistes. Tatsächlich gibt es weder schön an sich noch hässlich an sich. Auch die Lüge ist für sich genommen eine Wahrheit, und DIE WAHRHEIT als solche hat überhaupt noch nie jemand gefunden und gewusst! Und gut und böse?
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Wenn wir uns umsehen in unserem Leben, dann sehen wir überall das Böse. Die bösen Taten böser Menschen, es gibt sie noch und noch. Aber gibt es tatsächlich den bösen Menschen? Ein böser Mensch wäre ja einer, der das Böse tut, weil er das Böse tun will!
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Dazu müsste man wissen, was genau es ist, DAS BÖSE. Das scheint erst einmal einfach zu sein: Schadet eine Tat dem Menschen oder der Allgemeinheit, ist sie böse. Dessen ungeachtet kann genau die gleiche Tat beim nächsten Mal eine gute Tat sein. Und das sogar dann, wenn sie jedes Mal von der gleichen Person ausgeführt wird! Über solche Widersprüche macht man sich aber allgemein wenig Gedanken. Die meisten Menschen sind einfach der Auffassung, dass es DAS BÖSE als Tatsache gibt, dass es sogar eine große Macht hätte in den Beziehungen der Menschen zueinander und dass man es natürlich bekämpfen müsse.Trotzdem hat noch kein Mensch definieren können, was genau das Böse ist, obwohl zu diesem Thema philosophische Abhandlungen und ganze Bücher geschrieben wurden. Es ist denen, die es mit viel Mühe ernsthaft erforscht haben, nach wie vor ein Rätsel. Weil sie an die Existenz des Bösen glauben, es aber nicht fassen und eindeutig definieren können - denn kein Mensch tut etwas, was er selbst als böse bezeichnet. Untersucht man den Beweggrund oder die Absicht von Schwerverbrechern, Massenmördern oder Terroristen beispielsweise, dann muss man immer feststellen, dass sie entweder eine psychische Störung haben oder eine für sie geltende gute Absicht verfolgen. Viele böse Menschen bewerten ihre Tat nicht als böse und falsch, auch wenn sie wissen, dass ihr Tun weit außerhalb jeder Norm liegt. Das ist es, was das Böse so schwer greifbar und fassbar macht. Jeder Mensch hat bei dem, was er tut, immer seine guten Gründe.
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Grundsätzlich hat jeder Mensch gute Absichten.Selbst wenn er die furchtbarsten, grausamsten und rücksichtslosesten Taten begeht, geschieht das aus einer für diesen Menschen geltenden guten Absicht heraus, in der er seine Tat als richtig oder zumindest notwendig und unumgänglich erklärt. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Tat als solche gut und richtig ist.